24.05.2023

LESSONS LEARNED der BIM-Pilotprojekte in der Wasserwirtschaft

Seit 2019 werden unter der Federführung der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz, mit finanzieller Förderung und viel Unterstützung des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz fünf BIM-Pilotprojekte in der Wasserwirtschaft durchgeführt.

Die wissenschaftliche Begleitung und BIM-Beratung erfolgt durch das Fachgebiet Baubetrieb und Bauwirtschaft der Technischen Universität Kaiserslautern (jetzt Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau) und die juristische Unterstützung gewährleistet die Kanzlei Kunz Rechtsanwälte am Standort Mainz.

Die Projekte sind teilweise schon abgeschlossen oder befinden sich noch im Prozess. Als Zwischenergebnis möchten wir Sie heute über einige gelernte Lektionen informieren, damit auch Sie sich der BIM-Planungsmethode Schritt für Schritt, mutig und entschlossen annähern.

Am Ende des Artikels finden Sie die URL zum gesamten Artikel sowie zu einigen Ansprechpartnern der BIM-Pilotprojekte, die Ihnen möglicherweise als Projektpartner zur Verfügung stehen können.

BIM ist eine digitale Arbeitsmethodik, die nur dann Akzeptanz findet, wenn sie konkrete und erkennbare Mehrwerte für alle Beteiligten hervorbringt.
Diese Mehrwerte müssen in überschaubaren Zeiträumen im Tagesgeschäft der Mitarbeiter der Akteure ankommen.

Vorschlag: Alle 3 Monate eine echte Verbesserung durch die Methodik. Das schafft die Basis und den SOG für die nächsten Lernschritte).
Wichtig ist aber auch, dass kleine und große Erfolgsmuster nicht als Selbstverständlichkeit angesehen werden und sauber sowie sichtbar dokumentiert werden.

Starten Sie doch zum Beispiel das Projekt mit einem Punktwolkenscan Ihrer Anlage. Sie haben mit einem überschaubaren Aufwand eine sehr gute Bestandsdokumentation als Planungsgrundlage und können lernen, mit einem 3D Modell Ihrer Kläranlage oder Ihres Wasserwerkes gemeinsam auf Plattformen zu arbeiten. Die Notwendigkeit von verschiedenen BIM-Rollen oder zu klärenden „Spielregeln“ wird direkt verständlich.

Erfolge der BIM-Methode und was dazu führt

 Von den großen und kleinen Erfolgen kann nicht oft genug berichtet werden. Es sind keine Selbstverständlichkeiten. Digitale Transformation besteht aus vielen kleinen Übergängen. Das Erleben von Erfolgsmustern stärkt die Veränderungsbereitschaft.

Beispiel: Das Arbeiten mit einem Roverstab, der auch Nicht-Vermessern bzw. Laien die Möglichkeit bietet, Raumdaten mit Attributen zu erfassen (z.B. Hindernisse, Einleitstellen, …) oder das Nachverfolgen von Baumängeln mit einer einfachen App.

Der Einsatz der BIM-Planungsmethode sollte unbedingt vor Beginn (Planung der Planung) festgelegt werden. Ein späterer Einstieg in laufende Projekte ist schwierig bzw. angedachte Anwendungsfälle lassen sich nicht mehr umsetzen. Während des gesamten BIM-Projektes müssen Bauherren Entscheidungen treffen, deren Auswirkungen für das Projekt und die Organisation verstanden werden müssen. Gemeinsam mit den BIM-Beratern können Ziele und Strategien festgelegt werden.

 Die BIM-Methodik erfordert im Sinne der HOAI besondere Leistungen. Bei der Klärung der Honorarfrage ist die Kenntnis des Planungsprozesses mit BIM und der hieraus abgeleiteten zusätzlichen Planungsanforderungen essenziell.

Die Vergütung von Planungsleistungen mit oder ohne BIM unterliegt grundsätzlich dem Preiswettbewerb und ist frei vereinbar.

 Die Tiefe des BIM-Planungsprozesses hat sich an den konkreten Bedarfen und Erwartungen des Auftraggebers (und dessen Leistungsvermögen) zu orientieren. Die Anwendungsfälle müssen durch den Auftraggeber vorbereitet werden. Der Auftraggeber bestimmt, welche Ziele er mit dem Einsatz von BIM erreichen will (Werkerfolg). Dies beinhaltet auch Prozessoptimierungen, die wiederum Auswirkungen auf Vergabe, Verträge, Vergütung, Verantwortlichkeiten und Kooperation haben.

 Der Auftraggeber muss über Kenntnisse der eigenen Prozesse sowie über Grundkenntnisse von BIM verfügen bzw. sich diese aneignen, um seinen Bedarf und Erwartungen an BIM überhaupt benennen zu können. Die Erwartungen müssen von den Planungsbeteiligten leistbar sein. Der Auftraggeber benötigt erfahrungsgemäß ebenfalls freie Kapazitäten um die eigenen Prozesse zu ermitteln und hinsichtlich der Wertschöpfung aus der BIM-Methodik aufzubereiten und ggf. optimieren.

 Der BIM-Manager ist gerade bei BIM-Einsteigern gefordert, den BIM-Prozess strategisch so zu steuern, dass keine Überforderung eintritt. Die Schwierigkeit besteht im Voraus seinen Bedarf abzuschätzen. Konsequenterweise ist eine projektbegleitende Steuerung des BIM-Prozesses erforderlich, welche mit zunehmender BIM-Kompetenz des Auftraggebers mittelfristig auch teilweise durch ihn selbst leistbar wird.
Er muss die vorhandenen Prozesse/Arbeitsschritte kennen und analysieren und dann Anwendungsfälle anbieten, die diesen konkreten Prozess verbessern. Das kann gut durch die Pilotprojekte erfolgen. Denn BIM-Projekte erfordern ein gemeinsames Verständnis der Methodik, den Willen zur Kooperation und ein gemeinschaftliches Überwinden von Hürden. Das geht nur in einem vertrauensvollen und aufrichtigen Umfeld.

 Der Umfang der AIA (Auftraggeber-Informationsanforderung) muss sich an den maßgeblichen projektspezifischen Anforderungen orientieren. Die konkreten BIM-Ziele des Auftraggebers müssen Maßstab sein.

 Gerade beim BIM Einstieg sollte mit wenigen aufwandsgeringen Anwendungsfällen angefangen werden. Diese reichen aus, um die ersten Mehrwerte (modellbasiertes Arbeiten; Rollenklarheit; Genauigkeitsklarheit, etc.) an konkreten Projekten zu erleben.
Wenn die Mehrwerte und Einsparungen hier nicht sichtbar werden, dann auch nicht bei mehr Anwendungsfällen -> Sichtbarkeit muss geschaffen werden durch Projektteam.

 Bewusstsein sollte vorliegen, dass ein Großteil der BIM- Leistungen (BIM- Autoren, Koordinatoren) vom Planungsbüro erbracht werden müssen.

 Der BIM-Manager ist der digitale Bauleiter (Informationsmanager) und direkt dem AG unterstellt. Er achtet darauf, dass die BIM Ziele erreicht werden und die Informationsanforderungen umgesetzt werden.

Der BIM-Abwicklungsplan (BAP) ist ein Gemeinschaftswerk, welches von allen Akteuren unter der Führung eines BIM-Gesamtkoordinators entstehen kann.

 Der Hauptgewinner der BIM Methodik muss immer der BETRIEB sein! Deswegen findet man die wertvollsten Anwendungsfälle, indem man die Engpässe im BETRIEB in den Focus nimmt zur Findung der Anwendungsfälle. (Sonderfall: Jemand anderes ist Betreiber – Schwierigkeit die Mehrwerte dann auch zu sehen und Anwendungsfälle zu definieren, frühzeitige Einbindung erforderlich!)

 Das BIM-Modell muss im Betrieb weiter gepflegt werden und erfordert auch beim Betreiber eine BIM-Kompetenz.

 Übergeordnete Steuerung von BIM bei den Öffentlichen Auftraggebern könnte helfen

BIM ist nur ein Baustein der Digitalisierungsstrategie eines Unternehmens. Je nach bisher schon erreichtem Reifegrad der Digitalisierung ergibt sich eine unterschiedliche Ausgangssituation für den BIM-Einsatz in den Unternehmen.

 Die Dokumentation im Prozess ist das A und O. BIM-Abwicklungspläne und Auftraggeber-Informationsanforderungen werden mit zunehmender Anzahl von Projekten zu einem Prozess- und Projekthandbuch auf AN- bzw. AG-Seiten.

 Das Informationsmanagement muss seine Beiträge zur Steigerung der Arbeitsproduktivität kontinuierlich zeigen und dauerhaft verankern können. Dann sind die Akteure bereit, weitere Schritte der Digitalisierung mitzugehen.

 Ein wertschätzender, baufreudiger Umgang miteinander und das Dranbleiben, das durch Arbeitgeber vorgelebt wird, trägt entscheidend dazu bei, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitgenommen fühlen und mit ihrem Know How im Unternehmen bleiben.

 Die Kollisionsprüfung von virtuellen Überschneidungen der Modellelemente bringt deutliche Vorteile und reduziert die Gefahr von späteren Fehlern in der Bauphase. Dies gilt auch für die gemeinsame Projektplattform für den Datenaustausch zwischen allen am Bau Beteiligten.

 Eine Projektplattform ermöglicht u.a. dem AG eine hochwertigere Visualisierung (z.B. über 3-D-Modelle) der Baupläne und trägt somit wesentlich zu einer besseren Planprüfung und -freigabe durch den AG bei. Auch die Öffentlichkeitsarbeit profitiert von diesen Visualisierungen. Ein weiterer Vorteil einer BIM Kollaborationsplattform ist, dass teilweise remote von überall an Projekten gearbeitet werden kann. Vorgänge werden automatisiert dokumentiert. Aufgaben bleiben bestehen bis diese erledigt werden. Eine sogenannte CDE (englisch Common Data Environment) unterstützt digital bei der Organisation und Abwicklung der eigenen Arbeit.

 Die Umsetzung von BIM erfordert speziell aus- und weitergebildete Mitarbeiter (Experten) und zusätzliche Ressourcen, losgelöst von bisher üblichen Abläufen.

 Das gemeinsame Arbeiten auf der Projektplattform ist mit dem Arbeiten auf einem gemeinsamen Arbeitstisch zu vergleichen.

 Es schafft schnell Klarheit und beschleunigt die Kommunikation, es kann ein echter TURBO für die Projektarbeit werden. Es wirkt aber nur, wenn ein Grundvertrauen unter den Akteuren erlebt wird. Wenn es vertragsrechtlich übersteuert ist, ist die Projektplattform auch nur eine Bühne für Macht & Schauspiele und Schuld- sowie Recht-Diskussionen. Deshalb lohnt es sich, Regelungen für außergerichtliche Streitbeilegung in die Projekte mit aufzunehmen!

 Die BIM Methodik ist dann erfolgreich, wenn die Akteure Ihre Spielräume behalten. Es darf nicht als weiteres Kontrollinstrument verstanden werden. Wir brauchen hier keine Perfektion - Klugheit reicht.

 Der Ansatz, gute vertrauensvolle Zusammenarbeit vertraglich zu vereinbaren, ist nicht so einfach.
Der IPA Ansatz (Integrierte Projektabwicklung) ist erfahrungsgemäß hier ein sehr geeigneter Ansatz.

Fazit:

Veränderung, Wachstum oder Weiterentwicklung ist dringend notwendig auch im öffentlichen und kommunalen Bauen. Die Vielzahl der Herausforderungen (u.a. Klimaschutz, Verkehrs- und Energiewende, Fachkräftemangel) verlangt eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität und ein „anderes arbeiten“

Je mehr man sich mit „BIM“ beschäftigt, umso mehr merkt man, dass es eine vertrauensvolle Kultur der Zusammenarbeit erfordert, um die Arbeitsproduktivitätssteigerungen auch dauerhaft zu heben.

Wer hätte gedacht, dass BIM etwas mit Baufreude, Gestalten und Schaffen zu tun haben kann. Dafür sind wir eigentlich mal in den Beruf gekommen. Fangen Sie an, mit Akteuren, die Ihnen die Baufreude vermitteln, dann entsteht die notwendige Leichtigkeit für gemeinsames Lernen und Weiterkommen. Das geht dann erstaunlicherweise trotz „Tagesgeschäft“.

Fotonachweis: Dominik Ketz, BIM-Musterbaustelle, Büro Berthold Becker GmbH

Ansprechpartner

Die Ansprechpartner zu den einzelnen Projekten finden Sie im Internet unter BIM-Cluster https://bim-cluster-rlp.de/pilotprojekte.html.

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